Interkulturelle Kompetenz in den Flüchtlingsunterkünften

In einem Interkulturellen Training lernen Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den Umgang mit Sprachbarrieren, die Förderung von Kooperation mit Dolmetschern und Kommunizieren von Informationen an Flüchtlinge. Wissen über kulturelle Unterschiede bzgl. Körpersprache, Essensgewohnheiten, oder Erwartungen an die Belegschaft der Unterkunft spielen eine wichtige Rolle in der präventiven Arbeit, um letztendlich Eskalation zu vermeiden bzw. Konflikte gar nicht entstehen zu lassen. Keine Einrichtung der Notunterkünfte möchte schließlich in negativen Schlagzeilen in den Medien stehen oder vor Gericht, wie im Fall der Burbacher Flüchtlingsunterkunft.

In einem Beitrag habe ich über meine Erfahrung in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge berichtet. Ich habe eine Situation ausgeschildert aus Sicht einer Kollegin und ich nehme an, dass interkulturelle Unterschiede dabei eine Rolle spielen. Googlt man Begriffe wie interkulturelle Kommunikation + Flüchtlinge, kommt man auf verschiedene Angebote, deren Ziel ist, Techniken für effektive und konfliktfreie Kommunikation mit Flüchtlingen zu vermitteln bzw. unbekannte kulturelle Differenzen bekannter zu machen und kulturelle Sensibilität zu entwickeln. Das Angebot richtet sich an Mitarbeitenden der Flüchtlingsunterkünften oder an ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Beispiele sind die Angebote von caritas “verstehen, wie andere tickt“. Bei diesen Angeboten erlernt man Maßnahmen zur Förderung der Kooperation mit Dolmetschern oder Vermittlung von Informationen an Flüchtlinge. Eine sehr interessante Bildungsmaßnahme wird von ASB angeboten unter dem Titel “Interkulturelle Kommunikation in Flüchtlingsunterkünften“, wo der Fokus sich nicht nur auf interkulturelle Unterschiede bzgl. der kommunikativen Aspekte mit Flüchtlingen richtet, sondern auf alle Ebenen, wo Interkulturalität insgesamt eine Rolle spielt.

Andere Kulturen und Sichtweisen zu verstehen, ist eine sehr hilfreiche Option. Ein vollständiges interkulturelles Lernen soll sich allerdings nicht nur auf die Kultur des Anderen (die Geflüchteten und die Migranten und deren fremdkulturelles Verhalten) beschränken, sondern soll erstmal ein grundlegendes Verständnis für die eigene kulturelle Prägung schaffen, denn über die Selbsterkenntnis kann man zur Fremderkenntnis gelangen. Im einem Beitrag habe ich von Lagebesprechungen” in Erstaufnahmeeinrichtungen​ berichtet, die zwei Mal pro Tag für jeweils eine Stunde stattfanden. Das ist ein Beispiel für eine deutsche planungsorientierte Arbeitskultur. Selbst in Notsituation möchte man Regeln und Strukturen aufstellen, die von allen Beteiligten ausführlich diskutiert und debattiert werden können, bis sie von allen Seiten verbindlich akzeptiert werden, also im Sinne des deutschen Kulturstandards: “Wertschätzung von Strukturen und Regeln” (Schroll-Machl, Sylvia. Die Deutschen- Wir Deutsche. Fremdwahrnehmung und Selbstsicht im Berufsleben. Göttingen, 2007). Ich habe in mehreren Lagebesprechungen teilgenommen und habe festgestellt, dass Interkulturalität dabei eine sehr wichtige Rolle spielt, z.B. bzgl. der erwarteten Partizipation. In einer Lagebesprechung haben 10 Personen teilgenommen: 5 deutsche und 5 mit Migrationshintergrund: 1 aus Bulgarien, 1 aus Syrien, 2 aus der Türkei und 1 aus Georgien. Als teilnehmender Beobachter habe ich anhand zuvor definierten Kriterien die Redeanteile analysiert und dabei festgestellt, dass in einer Zeiteinheit von einer Stunde 95% der Besprechung unter den 5 deutschen Personen war und der Beitrag der anderen 5 Personen mit Migrationshintergrund nicht mehr als 5% der gesamten Besprechung ausmacht. Ist damit die erhoffte Partizipation erreicht? Sind die gesandten Informationen angekommen?  Welche andere Möglichkeit hätte man, um Informationen transparent und effizient zu vermitteln bzw. das Ziel zu erreichen? Zu erwarten, dass sich alle Adressaten, unabhängig von persönlichen oder kulturellen Prägungen partizipieren und einen Beitrag zur Prozessentwicklung leisten sollen, ist eine monokulturelle Erwartungshaltung. Solche Themen sollen in interkulturellen Trainings thematisiert werden. Vor allem Führungskräfte und Entscheidungsträger sollen sich mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen und dafür Lösungen und Handlungsoptionen erarbeiteten. Und man findet meistens, dass Missverständnisse und Reibungen nicht aufgrund der Anderen und deren fremdkulturellen Sitten und Verhaltensweisen enstehen, sondern weil man unbewusst monokulturell denkt und handelt!